Hackler Nachfolgefrühstück
Textwerk Attendorn, Rebecca Dalhoff

Betriebsnachfolge - wichtiges Thema im Handwerk

Zu einem "Nachfolgefrühstück" im Haus der Siegerländer Wirtschaft hat die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Südwestfalen eingeladen. Rund 80 Interessierte aus unterschiedlichen Gewerken waren der Einladung gefolgt, um sich bei einem gemeinsamen Frühstück umfassend zum Thema Betriebsnachfolge zu informieren.  



"Wer soll's machen?"

Besonders im Handwerk ist es heutzutage oft schwer, einen Nachfolger für einen Betrieb zu finden. Und selbst wenn ein Nachfolger gefunden wurde, so stellen sich die Inhaber oft die Frage, wie man eine Betriebsübergabe denn wohl am besten gestalten kann. Schließlich kommt es auf viele betriebswirtschaftliche, steuer- und arbeitsrechtliche sowie teilweise erbschaftsrechtliche Aspekte an. Fachgebiete, mit denen die meisten Anwesenden im Regelfall nur wenig vertraut sind. An dieser Stelle setzt das "Nachfolgefrühstück" der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd an. In drei interessanten Fachvorträgen gaben Experten Antworten auf die wichtigsten Fragestellungen rund um das Thema Nachfolge im Handwerksbetrieb.

Kreishandwerksmeister Frank Clemens, der selber den Dachdeckerbetrieb seines Vaters übernommen hat, weiß aus eigener Erfahrung, was zu regeln ist und wie wichtig es ist, sich frühzeitig Gedanken zu machen: "Die Frage ist zunächst: Wer soll´s machen? Das war früher einfacher, denn meistens übernahm das älteste Kind den Betrieb. Aber die Zeiten haben sich geändert. Das ist auch gut so. Es stellt uns in Bezug auf die Betriebsnachfolge aber vor neue Herausforderungen. Während es früher selbstverständlich war, den elterlichen Betrieb weiter zu führen, so gehen heute die jungen Menschen vielmehr den eigenen Interessen und Wünschen nach und schlagen oft einen anderen beruflichen Weg ein. Wenn aber doch jemand gefunden wurde, der den Betrieb übernimmt, dann muss man sich damit beschäftigen, was überhaupt alles zu beachten ist. Dafür haben wir heute die richtigen Fachleute da, die Ihnen einen Überblick geben und Ihnen weiterhelfen können."



Anzahl der zu übergebenden Betriebe steigt – Interessentenzahl sinkt   

Die Nachfrage nach handwerklichen Leistungen ist ungebrochen und damit gleichbleibend hoch. Ca. 30 Prozent der derzeitigen Betriebsinhaber seien bereits über 55 Jahre alt. Das lässt erahnen, dass in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Betrieben zur Übernahme bereitsteht und einen Nachfolger sucht. Prinzipiell rosige Aussichten für junge Handwerksmeister. Dem entgegen stehe jedoch, dass sich die Zahl der Meisterprüfungen in den letzten 20 Jahren halbiert habe und immer weniger junge Menschen selbstständig sein möchten. So beschreibt Uwe Hackler, Betriebsberater der Handwerkskammer Südwestfalen mit Beratungsstelle in Olpe, die derzeitige Ausgangssituation im Hinblick auf die Übergabe von Betrieben an die nächste Generation. Er macht deutlich: "Weniger als 50 Prozent finden den Nachfolger in der Familie, rund 30 Prozent der Betriebe werden an Mitarbeiter übergeben und 20 Prozent werden an Fremde verkauft oder schließen." Ausgangslage für alle weiteren Überlegungen seien zunächst die Wünsche des Inhabers: Wie ist die persönliche Ausgangssituation? Wie soll die Versorgung im Alter geregelt sein? Wie sieht meine Lebensplanung nach dem Ruhestand aus und wie kann ich diese finanzieren? Wie stelle ich mir meinen Nachfolger vor und welche Fähigkeiten sollte er mitbringen?



Emotionale Schiene ist wichtiger Faktor bei der Übergabe

Hinzu kommt ein weiterer wesentlicher Faktor: die Emotion. "Die emotionale Schiene ist ein sehr wichtiger Punkt. Immerhin sind die Betriebe oftmals das Lebenswerk des Inhabers. Deshalb muss man sich auch ehrlich die Frage stellen: Bin ich bereit loszulassen?", weiß der Experte. Denn Loslassen sei eine wichtige Grundvoraussetzung für die Übergabe des Betriebs – insbesondere in der eigenen Familie. Ebenso gab Uwe Hackler Antworten auf die Fragen: Wie ermittle ich den Wert meines Betriebs? Wo finde ich einen Nachfolger, wenn niemand aus der Familie übernehmen möchte? Ist mein Betrieb als Verkaufsobjekt überhaupt interessant und worauf kommt es dabei an? In Bezug auf die Nachfolgeregelung gibt es mehrere Gestaltungsmöglichkeiten: Schenkung, Beteiligung, Verpachtung und Verkauf sind die Gängigsten, die Uwe Hackler näher erläutert hat. "Wichtig ist dabei immer: Alles muss ehrlich, klar und sauber geregelt sein, damit kein Streit entsteht", so der erfahrene Betriebsberater, der nach eigenen Angaben etwa 80 Übernehmer und Übergeber im Jahr begleitet. Für die Anwesenden, die sich allesamt mit dem Thema der Nachfolge im eigenen Betrieb beschäftigen, hatte er folgende Tipps: "Klären Sie Ihre Einkommensverhältnisse und bereiten Sie Ihren Betrieb rechtzeitig auf eine Übernahme vor. Suchen Sie frühzeitig nach einem geeigneten Nachfolger und treffen Sie eine sinnvolle Erbregelung." Außerdem machte er Hoffnung: "Dem Handwerk geht es sehr gut. Es bietet damit gute Chancen für potenzielle Nachfolger."



Gewusst wie: Steuerrechtliche Kniffe kennen und nutzen

Um über steuerrechtliche Regelungen in Bezug auf Betriebsnachfolge zu informieren, war Almut Schleifenbaum vor Ort. In ihrer Kanzlei in Siegen bietet die versierte Steuerberaterin Nachfolge- und Übergabeberatung an, um den Prozess möglichst steuergünstig zu gestalten. "Es ist sinnvoll, ab 55 Jahren über die Betriebsnachfolge nachzudenken. Ab diesem Zeitpunkt kann man im Regelfall auch Freibeträge nutzen. Was es zu beachten gilt und was wie versteuert werden muss, regelt §16 EstG. Aus steuerrechtlicher Sicht ist immer der Betrieb als Objekt, der Zeitpunkt der Übergabe, die Liquidität und das überführbare Nettovermögen von Bedeutung", erklärt die Fachfrau. Außerdem sei besonders wichtig, dass man Privat- und Betriebsvermögen klar voneinander abgrenze. Das bedürfe oft einer besonderen Inventur, da sich im Laufe der Jahre das geschäftliche mit dem privaten Vermögen in vielen Fällen verflechte. Almut Schleifenbaum machte den Anwesenden anhand eines anschaulichen Beispiels klar, welcher Wert beispielsweise bei einem Verkauf des Betriebs versteuert werden muss. Auch die Schenkungssteuer nahm die Expertin in den Blick und erläuterte die Freibeträge, die abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis gestaffelt sind. Grundsätzlich müsse man aber jeden Betrieb individuell anschauen, um die passende und steuerlich möglichst günstigste Lösung zu finden. "Ein Steuerberater ist aber immer nur einer von vielen wichtigen Playern, die beim Thema Nachfolge um Rat gefragt werden sollten", rät Almut Schleifenbaum abschließend.   



Arbeitsrecht bei Betriebsübernahme

Dass eine Betriebsübergabe immer auch mit arbeitsrechtlichen Verpflichtungen, Gewährleistungsfragen und sozialversicherungsrechtlichen Haftungsfragen verbunden ist, machte Jürgen Haßler in seinem kurzen Vortrag klar. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd weiß, worauf zu achten ist: "Wer einen Betrieb übernimmt, muss auch die Mitarbeiter komplett übernehmen – und zwar so, wie sie sind. Aber Mitarbeiter, die ich übernehme, sind ja heutzutage eigentlich Schätze", so Jürgen Haßler, der damit auch auf die Schwierigkeit, geeignete Mitarbeiter im Handwerk zu finden, hinwies. Wichtig sei, dass Inhaber eine solch komplexe Angelegenheit wie die Betriebsnachfolge, nicht ohne Rat und Tat von Fachleuten zu regeln versuchen. Denn hier sei Expertenwissen gefragt, damit alles reibungslos und ohne Ärger über die Bühne gehe.  



Handwerksorganisationen helfen bei Nachfolgeregelungen

Mit dem Thema Betriebsnachfolge stehen die Unternehmen deshalb nicht alleine da. Sowohl die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd als auch die Handwerkskammer Südwestfalen bieten umfassende Beratung und Begleitung beim Übernahmeprozess – grundsätzlich sogar kostenfrei. Dabei führen die Fachleute ganz individuelle Beratungsgespräche, analysieren die Lage des einzelnen Betriebs, Ermitteln den Wert und helfen bei der Suche nach einem passenden Nachfolger. "Wir haben heute einen guten thematischen Rundumschlag geboten, um Ihnen einen Überblick bei diesem umfangreichen Thema der Betriebsnachfolge zu geben. Die Nachwuchssorgen im Handwerk machen sich auch im Hinblick auf die Nachfolge in den Unternehmen bemerkbar. Leider wollen auch immer weniger Betriebe ausbilden. Ich rate Ihnen: Schmeißen Sie sich auch hier ins Zeug, denn das Handwerk brummt und lebt. Wenn man für sein Handwerk einsteht, wird man auch Erfolg haben", fasste Reiner Gerhard, Vize-Präsident der Handwerkskammer Südwestfalen und Ehrenobermeister der Friseur-Innung Westfalen-Süd, die Themen abschließend zusammen. Im Anschluss gab es die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit allen Fachreferenten.