Abmahnung
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Handwerkskammer warntBetroffene Betriebe sollen nur nicht vorschnell zahlen!

Derzeit erhalten Betriebe der Handwerkskammer immer häufiger Post vor allem von einem Berliner Rechtsanwalt: Dieser unterstellt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung eines Mandanten, weil der Betrieb Google-Fonts auf der Website eingebunden habe. Daher fordert er ein Schmerzensgeld in Höhe von 170 Euro.

UPDATE! (Stand 9. Januar 2023): 

Gegen einen Berliner Rechtsanwalt und dessen Mandanten, einem Repräsentanten der „IG Datenschutz“ laufen bei der Staatsanwaltschaft Berlin strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Abmahnbetrugs und Erpressung bzw. des Versuchs hierzu in mindestens 2.418 Fällen. Am 21.12.2022 wurden Durchsuchungsbeschlüsse in vier deutschen Städten sowie zwei Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme von 346.000 Euro vollstreckt.

Die Beschuldigten sollen vorgetäuscht haben, Websiten, die Google Fonts nutzen, besucht zu haben, während in Wahrheit eine eigens dafür programmierten Software diese Besuche nur fingiert hat, da in einem automatisiert vorgenommenen Websitenbesuch eben gerade kein Websitenbesuch einer natürlichen Person liege, die dann Schmerzensgeldansprüche wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung haben könnte.

Zudem soll in der bewussten Ansteuerung der Websiten eine faktische Einwilligung in die Übermittlung personenbezogener Daten liegen, so dass eben gerade kein Datenschutzverstoß gegeben sei. In einigen Fällen soll es auch gar nicht zu einer Datenübermittlung in die USA gekommen sein, der Anspruch aber gleichwohl geltend gemacht worden sein.

Dieser Anwalt versendet offensichtlich bundesweit massenhaft Abmahnungen an Website-Betreiber. Der Hintergrund ist: Bei Google-Fonts handelt es sich um von Google kostenlos angebotene Schriftarten, die erst bei Aufruf der Website von Google-Servern in den USA geladen werden. Das Problem ist, dass dabei die jeweilige IP-Adresse des Website-Besuchers automatisch in die USA übermittelt wird – in der Regel ohne dass der Website-Besucher zuvor darüber informiert wurde und seine Einwilligung gegeben hat.

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Urteil des Landgerichts München ist nicht unumstritten

Das Landgericht München sah in der Einbindung von Google-Fonts auf einer Website ohne Einwilligung eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Website-Besuchers. Daher wurde der beklagte Website-Betreiber zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und dem Nutzer ein Schmerzensgeld in Höhe von 100 Euro zugesprochen (Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20). Hintergrund sei der Kontrollverlust des Website-Besuchers über seine personenbezogenen Daten an das für sein Sammeln von Nutzerdaten bekannte Unternehmen Google in den USA, wo kein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet sei.

 

Website checken – für Abhilfe sorgen

Ob Ihre Website betroffen ist, können Sie mit Hilfe von Google-Fonts-Scannern/-Checkern prüfen, die im Internet kostenlos zur Verfügung stehen. Gegebenenfalls sollten Sie umgehend für Abhilfe sorgen. Der rechtlich sicherste Weg ist es, Google-Fonts stattdessen – datenschutzkonform – lokal einzubinden, das heißt, die Schriftdateien herunterzuladen und dann nur vom eigenen Server abzurufen. Hierzu gibt es diverse Anleitungen im Internet. Das gilt übrigens auch für Webfonts anderer Anbieter.

 

Nicht sofort zahlen – Abmahnungen prüfen lassen

Mitgliedsbetriebe, die ein derartiges Abmahnschreiben erhalten haben, können sich gerne an die Rechtsabteilung der Handwerkskammer wenden, die sie kostenlos berät. Sie sollten keinesfalls vorschnell zahlen! Denn: Das Urteil des Landgerichts München entfaltet keine Allgemeinwirkung und ist auch nicht unumstritten. Zudem können sich massenhaft versandte Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich darstellen. 

Jedes Forderungsschreiben sollte im Einzelfall geprüft werden. Meist lassen sich dem zahlreiche Einwände entgegenhalten. Wir besprechen mit Ihnen die bestmögliche Vorgehensweise.



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Rechtsberatung: Nicole Korff, 02931/ 877 182, nicole.korff@hwk-swf.de

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