News_ Stockhausen-Wortmann Betriebsübernahme
WERBSTATT Conny Pieper

BetriebsübergabeMan wächst mit den Aufgaben

Die Geschichte der Betriebsübergabe von Tischlermeister Ulrich Stockhausen aus Winterberg-Züschen an seinen Handwerkskollegen Tischlermeister Christopher Wortmann aus Balve-Garbeck ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich frühzeitig um die Nachfolge des eigenen Handwerksbetriebs zu kümmern und auch sein Umfeld aktiv in den Prozess einzubeziehen.

Dank einer transparenten Kommunikation, offener Gespräche und nicht zuletzt dank des Vertrauens der Mitarbeiter ist es gelungen, die Stockhausen Treppen GmbH erfolgreich in die nächste Generation zu führen.

Ulrich Stockhausen hat den Betrieb, der bereits 1896 in Winterberg-Züschen als Bau- und Möbelschreinerei gegründet wurde, selbst im Jahr 1990 von seinem Vater übernommen und im Laufe der Zeit zu einem etablierten Treppenbau-Unternehmen ausgebaut. Anfangs waren es noch drei Mitarbeiter, am Ende verantwortete der heute 63-Jährige, der sich bald schon ausschließlich auf die Geschäftsführung konzentrierte, einen Betrieb mit 22 Angestellten. Als sich auch bei ihm die Übergabe langsam abzeichnete, begann Ulrich Stockhausen frühzeitig mit der Suche nach einem geeigneten Nachfolger – in seinem Fall mit Mitte 50.



Berater der Handwerkskammer stehen zur Seite

Behilflich war ihm dabei Ulrich Dröge, Leiter der Betriebsberatung der Handwerkskammer Südwestfalen. "Nach 1990 war es bereits das zweite Mal, das mir Herr Dröge bei einer Betriebsübergabe mit Rat und Tat zur Seite stand." Heute fand sich jedoch weder in Stockhausens Familie noch im Umfeld jemand, der den Betrieb übernehmen konnte. Der Tischlermeister schaltete daraufhin Anzeigen in der Betriebsbörse der Handwerkskammer und suchte auch unter den aktiven und ehemaligen Mitarbeitern nach potenziellen Nachfolgern, jedoch ebenfalls ohne Erfolg. Enttäuscht musste er überdies feststellen, dass viele scheinbar kein Interesse daran haben, einen eigenen Betrieb zu führen. Hobbys, Familie und Freizeit sind – so seine Einschätzung – heutzutage wichtiger.



Die Chemie passte von der ersten Stunde an

Doch dann stieß er auf Christopher Wortmann, den Geschäftsführer der in Balve-Garbeck ansässigen Wortmann Massivholztreppen GmbH. Obwohl sie im Vorfeld sicherlich schon gelegentlich Angebote für denselben Kunden erstellt haben, sind sie sich bis dahin noch nicht persönlich begegnet. Stockhausen knüpfte schnell Kontakt zu Christopher Wortmann und seinem Vater Johannes, der ebenfalls im Garbecker Betrieb arbeitet. Im Frühjahr 2021 begannen die ersten Gespräche, und bald darauf traf man sich auch schon persönlich in Züschen.

"Die Chemie passte von der ersten Stunde an", erinnert sich Christopher Wortmann, der rund 1 1/4 Jahre später mit gerade einmal 28 Jahren den Betrieb als Existenzgründer übernahm. "Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Ulrich Stockhausen auf uns zugekommen ist, habe ich niemals daran gedacht, einmal zwei Betriebe nebeneinander zu führen", so Wortmann heute. Erst ein Gespräch mit der Handwerkskammer habe ihm diese Option aufgezeigt. Ein von der Kammer angefertigtes Unternehmenswertgutachten, das den Wert des übergebenden Betriebs ermittelt, diente beiden Seiten als Grundlage für die nachfolgende Kaufverhandlung. Obwohl, eine wirkliche Verhandlung sei überhaupt nicht nötig gewesen, da man sich sehr schnell einig wurde. Während des gesamten Prozesses habe es zusätzlich einen sehr intensiven Austausch zwischen den beiden Handwerksbetrieben, der Handwerkskammer, der beteiligten Hausbank, den Steuerberatern und den Anwälten gegeben.



Mitarbeiter wurden von Anfang an einbezogen

Bereits sechs Monate vor der Übergabe arbeitete Christopher Wortmann in Züschen und erhielt in dieser Zeit auch regelmäßig Einblick in die Betriebszahlen. Auf diese Weise entwickelte sich überdies eine vertrauensvolle Beziehung nicht nur zwischen Übergeber und Übernehmer, sondern auch zu den Mitarbeitern im Betrieb – denn die wurden von Anfang an in den Prozess miteinbezogen. So hielt Ulrich Stockhausen seine Mitarbeiter über den Fortschritt der Nachfolgesuche stets informiert. Auf diese Weise konnte er ihnen erste Ängste und mögliche Sorgen nehmen. Auch Christopher Wortmann nutzte die Zeit vor der Übernahme des Betriebs, um erste persönliche Gespräche mit jedem einzelnen Mitarbeiter zu führen. Die Einbindung aller Beteiligten war und ist für ihn ein wesentlicher Bestandteil des Übergabeprozesses.

Neben der Handwerkskammer, die auf beiden Seiten – die Betriebsübergabe durch Ulrich Stockhausen und die Übernahme und Existenzgründung durch Christopher Wortmann – aktiv in den Prozess einbezogen wurde, waren vonseiten Christopher Wortmanns noch zwei Personen besonders wichtig. "Ohne meinen Vater, der zu Hause im Garbecker Betrieb ist, wäre das alles nicht möglich gewesen." Außerdem stärke ihm seine Frau, derzeit mit dem ersten Kind schwanger, stets den Rücken und unterstütze ihn bei seinen Entscheidungen. Geschäftsführer in Garbeck, Existenzgründung in Züschen und dann bald schon Familienvater. Ob das nicht alles ein wenig viel ist? Seine klare Antwort: Nein. Die Arbeit, die im Grunde keine Arbeit für ihn sei, erfülle ihn und außerdem: "Man wächst mit den Aufgaben!"